Reise nach Levuka, Fidschis frühere Hauptstadt (31.1 -
1.2.2004)
Ein paar Bilder von Levuka sind
hier zu sehen
Sitila und ich stehen um sechs auf. Wir fahren mit meinem
Geschäftsauto zum Nausori Airport. Ein Taxi würde
wahrscheinlich F$12 kosten. Es ist ein wunderschöner Morgen
mit klarem blauen Himmel nach einer Gewitternacht. Die Strasse
nach Nausori ist meist in beiden Richtungen 2-spurig, man
kommt also zügig voran. Die Fahrt führt über Nabua, ein
Aussenviertel von Suva, dann Valelevu zur Gemeinde Nasinu.
Ueberall ist der Gegensatz zwischen armen und reichen Leuten
sichtbar. Blechhütten wechseln mit relativ sehr schönen
Häusern ab. Via Nakasi und Koronivia erreichen wir später
die Brücke über die Rewa. Diese wurde von den Briten ca.
1930 gebaut, eine pure Eisenbrücke, sicher 200 Meter lang. In
letzterer Zeit sind Zersetzungsspuren ersichtlich geworden und
eine neue Brücke mit EU-Geld ist geplant.
Will man zum Flughafen, muss man gar nicht nach Nausori.
Kurz nach der Brücke liegt auf der linken Seite der Markt,
welcher für Touristen immer einen Besuch wert sein soll. Den
Flughafen erreicht man nach weiteren 5 oder etwas mehr
Autominuten. Es ist ein relativ kleines Gebäude, aber dennoch
werden hier internationale Flüge nach Neuseeland und
Australien abgefertigt.
Es ist mit der üblichen Verspätung nun 7.45 geworden, als
wir das kleine 12-sitzige Propellerflugzeug besteigen. Es
gelingt mir noch den Lohn des Piloten, eines hübschen jungen
Fidschianers, in Erfahrung zu bringen: F$80000, also mehr als
der Ministerpräsident hier verdient.
Der Flug nach Ovalau dauert nur 12 Minuten. Wir fliegen das
Rewa-Delta hinunter. Später kann ich links die früher
berühmte und berüchtigte Insel Bau sehen. Man glaubt es fast
nicht, dass von dieser Insel - keine 50 Meter breit und nur
300 Meter lang - Ratu Seru Cakobau zum gefürchtesten
Herrscher Fidschis, zum ‚tui viti' - König von Fidschi -
wurde. Wunderschöne Korallenriffe verwöhnen das Auge des
Fliegenden. Nach ein paar Minuten kommt dann die Insel
Moturiki auf der rechten Seite ins Gesichtsfeld. Vorher noch
ein paar kleinere Inseln, zum Beispiel Leleuvia, welche vor
allem bei Backpackern beliebt ist (mein Bruder sagte bereits
1988, dass die Touristen den Strand "vollgeschissen"
hätten, so bin ich also noch nie dort gewesen).
Das Flugzeug landet auf der Naturpiste des "Flughafens"
von Ovalau, dem Bureta Airstrip. Es gibt nur ein Gebäude. Wir
waren nur 5 Leute im Flieger, drei werden direkt von einem
Taxi abgeholt. Wir hingegen nehmen des gecharterten Bus der
Air Fiji. Ein junger Inder mit Rossschwanz erwidert, als ich
ihn frage wie lange die Fahrt nach Levuka dauere, es seien nur
30 Minuten. Im übrigen sei der Minibus klimatisiert und ich
könne selbstverständlich während der Fahrt rauchen. Das
letztere ist nicht gelogen, der Rest hingegen schon. Ueber
eine Stunde dauert der Trip und die Fenster sind alle offen.
Alle paar Kilometer nehmen wir Einheimische auf, welche
ebenfalls nach Levuka wollen, zum Teil aber nur zum nächsten
Dorf. Die Fahrt führt auf der Küstenstrasse entlang, einem
rumpeligen Naturweg fast, nur in den Dörfern zum Teil geteert.
Nach 45 Minuten Fahrzeit glaube ich, nach jeder Windung
werde jetzt dann Levuka kommen, sehe dann aber noch eine
weitere Windung. Ist auch nicht verwunderlich, war doch die
letzte Fahrt dorthin 1988.
Als wir endlich Levuka erreichen, bin ich überrascht, dass
es sich einerseits nicht verändert hat, andererseits aber
Fabriken wie die Fischfabrik PAFCO sich ziemlich vergrössert
und modernisiert haben. Für einen weiteren Dollar fährt uns
der Bus direkt vor Mary's Holiday Inn. Dort laden wir unser
Gepäck aus. Das Mafida Guesthouse sei ausgebrannt. Und Emosi
habe sein Backpacker Inn auch dichtgemacht. Der Raum für F$30
ist schlicht. Doppelbett und Deckenfan. Das Frühstück für
uns beide sei aber bereits inbegriffen.
Es ist bereits heiss um 9.00, als wir Levuka Town bis zum
Anfang abmarschieren. Es dauert keine 15 Minuten und man ist
via Beach Street bei der Gebäudekette von Morris Hedstrom
angelangt. Alle Gebäude von Levuka an der Beach Street sind
im kolonialen Stil mit Holz gebaut. Das ganze macht den
Anschein eines Kaffs im Wilden Westen. Es gibt nur ein
einziges Internet Café in einem Dive-Shop für Touristen. Ich
werde am Nachmittag mich dort noch einloggen und verfluche die
unglaubliche Langsamkeit der Verbindung (zudem ging der
Drucker nicht).
Sitila kauft zwei Flaschen "Fiji Water", welches
ja in Hollywood-Spielfilmen regelrecht Gratiswerbung bekommen
hat. Cokes und andere Getränke wären einfach zu süss und
würden die Zunge verkleben. Hinter der alten Katholischen
Kirche biegen wir links ein, einem kleinen Bächlein entlang.
Rechterhand ist eine kleine Brücke welche zum Levuka Club
führt, welchen ich ja noch von früher kenne. Die Ruine neben
dem Club ist übrigens die Masonic Hall, also die
Freimaurerloge von Levuka. Sie wurde nach dem zivilen Putsch
vom Mai 2000 von fanatischen Supportern des
Putschistenführers George Speight abgebrannt - dieser hat
übrigens lebenslänglich bekommen und sitzt seine Strafe auf
Nukula ab, einer früheren Ferieninsel etwa 5 Kilometer von
Suva entfernt. Im Hintergrund gegen den Berg hin ist noch das
einzige Hotel von Levuka, das Royal Hotel. Mrs. Ashley, die
Besitzerin, ist sicher 90 Jahre alt. Erfahre noch, dass sie
einen Herzinfarkt gehabt hatte. Ihr Sohn Eddie ist ja bereits
vor ein paar Jahren gestorben, er war ein böser Diabetiker.
Wir biegen links ab und halten beim Polizeiposten. Ich gebe
meinen Namen bekannt und den Grund meiner Reise. Nur für alle
Fälle. Die Polizisten sind in Fidschi alle freundlich, vor
allem gegenüber Touristen. Ein paar Meter weiter ist auf der
rechten Seite bereits die Schule von Robert, meines
9-jährigen Sohnes zu sehen: die Levuka Marist Primary School.
Ihn habe ich seit 6 Monaten nicht mehr gesehen. Die
Wiederbegegnung ist demnach für alle sehr emotionell. Der
Schulvorsteherin, einer Sister Maria Goretti - welche aber
eine Einheimische ist, und nur den Namen einer italiensichen
Heiligen angenommen hat - teile ich mit, dass wir Robert
wieder nach Suva mitnehmen würden. Sie begrüsst diese
Entscheidung, denn sie hat ja nun auch erfahren, dass er
Legastheniker ist und die Klassengrösse von 40 Schülern in
Levuka nicht das Beste für ihn ist.
Zurück an der Beach Street nehmen wir einen Carrier. Der
bringt uns für F$5 in nördlicher Richtung ins Ovalau Resort.
Die Fahrt dauert etwa 15 Minuten. Bin angenehm überrascht.
Das letzte Mal war das Resort erst in seinen Kinderschuhen.
Jetzt hat es sicher mehr als zehn kleine Häuschen. Der
Besitzer ist seit ein paar Jahren ein Inder, vorher war es ein
Ausländer. Mit ihm sprechen wir etwas und seine Frau macht
uns frische Fruchtsäfte aus Mangos - in den Gläsen bleibt
der Löffel fast stehen, so dick ist das fruchtige Getränk.
Wir sind aber bereits hungrig. Sitila bestellt Fisch in ‚lolo',
also mit Kokosnusmilch. Robert und ich haben hingegen den
gleichen Fisch - ‚pakapaka', eine Art Coral Trout - in
Zitronenbutter. Kostet etwa $45 für alles, ein fairer Preis,
wenn auch für Einheimische eher unerschwinglich.
Am späten Nachmittag machen wir noch einen Bummel durch
Levuak. Jedes dieser Häuser kann eine Geschichte erzählen.
Um 1870 hatte es hier über 100 Bars und etliche Bordelle.
Viele Nachkommen der ersten weissen Settler sind immer noch
hier. Wirtschaftlich läuft hingegen nicht viel, von der
Fischfabrik und Tourismus mal abgesehen. Hingegen hat es viele
neue Restaurants gegeben. Der "Koro Sea Noodle Shop"
meines Bruders hat einem "Sea Site Restaurant" Platz
gemacht. Letzteres ist aber nicht offen. Hätte sonst den
Besitzer gefragt, ob er einen Rechtschreibefehler gemacht
hätte, denn "Sea Side" wäre trefflicher. Auf der
linken Seite zu den Bergen hin sieht man weitere hübsche
Holzhäuser im Kolonialstil.
Wir gehen noch in das Haus eines älteren Europäers,
welcher sich noch an meinen Bruder erinnert. Wie immer bin ich
von der Gastfreundschaft der Einheimischen überrascht.
Bereits wieder hungrig, essen wir im wahrscheinlich besten
Restaurant von Levuka. Es ist aber sicher das teuerste. Wir
leisten uns feine Clubburgers und Chow Mein für Sitila. Leider weiss ich den Namen des Restaurants nicht mehr, aber Du
kannst ja einfach nach dem besten Restaurant fragen.
Die Nacht ist alles andere als angenehm. Die Matraze ist zu
weich und der Ventilator spürt man gar nicht. So habe vor
allem ich Mühe mit einschlafen. Im übrigen hat es nur noch 3
weitere Gäste.
Am anderen Tag stehen wir um 5.00 auf. Es ist ein
herrlicher Morgen mit einer fast surrealen
Sonnenaufgangsstimmung. Nebelschwaden hängen noch in den
Bergen oberhalb des Dorfes. Für mich sieht das wie auf
chinesischen Gemälden aus. Wir schiessen noch ein paar Fotos
und besteigen um 6.30 den Bus, welcher uns wieder an den
Bureta Airstrip bringt. Der Flieger ist diesmal bumsvoll, aber
die Ueberfahrt dennoch nochmals herrlich zum Geniessen.
Alles in allem kann man sagen, dass Levuka immer noch eine
Reise wert ist. Partyleute werden das Nachtleben vermissen,
aber Entdeckungsfreudige wird das in der Zeit stillgestandene
Levuka begeistern.
Nachwort: Am nächsten Tag lese ich doch voll in der
Zeitung, dass am Abflugtag eine ganze Gebäudekette abgebrannt
sei. Die folgenden Firmen waren in diesen Holzhäusern: ein
Liquor Shop, Morris Hedstrom, Air Fiji, Westpac (könnte auch
ANZ Bank sein), Post Fiji. Brandstiftung wird vermutet und in
der Zwischenzeit wurde bereits eine Person verhaftet. So bin
ich wahrscheinlich einer der letzten, welche die Gebäudekette
noch auf einem Photo verewigt hat. An einen Wiederaufbau denke
ich nicht, dazu hat Levuka kein Geld. Aber es wird sicher noch
einige Diskussionen geben, denn mit diesen vielen
aneinanderstehenden Holzhäusern könnte eigentlich das ganze
Dorf abbrennen - es gibt nur einen Feuerwehrsmann in Levuka.
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