Ein Südseetraum wird wahr
5. Januar 2006, :, Neue Zürcher Zeitung
Fidschis Yasawa-Inseln bieten unkomplizierte
Paradiesferien
Die Yasawa-Inseln ziehen sich wie eine
Perlenkette an der westlichen Küste von Fidschis Hauptinsel
Viti Levu in die Weite des Pazifischen Ozeans hin. Seit langem
sind sie Inbegriff paradiesischer Vorstellungen von der Südsee.
Bloss blieben sie bis vor kurzem für Besucher fast
unerreichbar, ausser für solche, die eine gefährliche
Überfahrt in einer Nussschale in Kauf nahmen, oder solche, die
mindestens 2000 US-Dollar am Tag für einen Aufenthalt auf der
Privatinsel Turtle Island ausgeben wollten plus Kosten für das
Wasserflugzeug. Seit geraumer Zeit sorgt ein Hochsee-Katamaran
für die Erschliessung des Archipels.
Einfach und luxuriös
Fidschis Regierung realisierte, dass der
Luxustourismus dem Land wenig und den Insulanern noch weniger
einbrachte. Gleichzeitig bot der amerikanische Besitzer von
Turtle Island zwecks Aufbesserung seines Ansehens den
Einheimischen Hand bei der Errichtung und Führung eigener
Resorts. Oarsman's Bay Lodge auf Nacula Island bildete den
Anfang von mehreren durch Turtle gemanagten Hotels, die im
Eigentum von Fidschianern sind. Grundmuster ist immer, dass
neben Schlafräumen für Rucksacktouristen separate Strandhäuser
für gehobene Ansprüche bereitstehen und alle Gäste gemeinsam
speisen, wobei die Preise für Vollpension pro Person zwischen
50 und etwa 150 Franken am Tag variieren.
Bei Oarsman's sitzen keine Pärchen alleine
bei Tisch, ausser wenn zu einem Dinner for two bei Kerzenlicht
am Strand aufgedeckt wird. Die Durchmischung von Backpackern
mit den einen höheren Komfort wünschenden Gästen sorgt für
eine lockere Stimmung, ohne gleich in eine Klubatmosphäre zu
verfallen. Rummel gibt es absolut keinen. Wie bei allen Lodges
auf den Yasawas sind der wahre Luxus ein grosses Platzangebot
für eine kleine Gästeschar, ein kilometerlanger weisser
Sandstrand mit Kokospalmen, der Ausblick auf das azurblaue
Wasser mit vielen Fischen und die Unendlichkeit des Pazifiks,
gekrönt von unvergleichlichen Sonnenuntergängen.
Die meisten Angestellten stammen aus Nacula,
dem Dorf, das die Oarsman's Bay besitzt, wofür die Lodge Miete
bezahlt. Angesichts der in Fidschi hierarchisch gegliederten
Gesellschaft ist der faktische Besitzer der Chief der Insel
Nacula, Ratu (Häuptling) Epeli. Viele Jahre lebte er als
Liftmonteur in Neuseeland. «Als ich die Würde eines
Oberhäuptlings von Nacula aufgebürdet bekam», erklärt er, «musste
ich mich dringend nach einer Einkommensquelle umsehen, um
meinen Pflichten nachkommen zu können.» Stolz zeigt er die
Krankenstation, die ohne das Geld aus dem Hotel nie so gut
aussehen würde, oder auf die grosszügigen Schulräume. Das
sympathische Fischerdorf, eingebettet in Haine von Taro- und
Cassava-Pflanzen sowie Bananenstauden und Palmen, steht
bereitwillig Touristen offen, von denen es schliesslich lebt.
Wie aus Angestellten
Gastgeber werden
Hingegen liegt das Management von Oarsman's
immer noch in australischen Händen, und es gibt etwelche
Insulaner, die behaupten, das Resort hänge am Gängelband des
amerikanischen Geldgebers. Beim Botaira Beach Resort auf
Naviti ist dies sicher nicht der Fall. Stolze Alleinbesitzer
sind die Einheimischen Alunieta und Jerry Sevatabua, die viele
Jahre in einem der megalomanen Luxushotels in der Nähe des
Flughafens von Nadi gearbeitet haben. «Hier ist unser Traum
Wirklichkeit geworden», sagt Alunieta stolz beim Anblick der
grossen Bures, wie in Fidschi die mit Palmblättern gedeckten,
zumeist auf Stelzen ruhenden Häuser heissen. Den freundlichen
Sevatabuas sind wohl die grosszügigsten, originalgetreusten
Bures auf den Yasawas gelungen. Am Strand, der sich wie ein
weisser Halbmond hinzieht, haben sie eine hölzerne Plattform
errichtet, auf der sich mit grandiosem Blick über die Südsee
speisen lässt. Und innerhalb des Korallenriffs liegt eines der
besten Reviere zum Schnorcheln.
Im Botaira sind die Angestellten nicht
einfach Personal, sondern Gastgeber. Auf Wunsch führen sie die
Gäste über den Berg in ihr Dorf Soso, das grösste auf der
Inselgruppe. Dorfbesuche an Sonntagen sind besonders lohnend,
weil alle Bewohner dem protestantischen Gottesdienst beiwohnen,
die Frauen herausgeputzt wie Prinzessinnen in weissen Kleidern,
die Männer in knielangen Röcken und mit Krawatte. Abends kommt
der ganze Kirchenchor ins Botaira und singt sich die Seelen
aus den Leibern, anschliessend folgt eine gestrenge Predigt
des Chorleiters und Pastors.
An der legendären
Blauen Lagune
Nanuya Island liegt direkt an der legendären
Blauen Lagune, die manchem Film schon die Kulisse für
romantische Südseeszenen hergab. Diese einmalige Stelle wurde
von Lance Miller, halb Fidschianer, halb Neuseeländer, gewählt,
um sein Nanuya Island Resort und auch die beste Tauchstation
der Yasawas aufzubauen. Der hünenhafte Mann ist ein
erstklassiger Gastgeber und bietet vielleicht das beste
Preis-Leistungs- Verhältnis an. Interessanterweise sind die
günstigeren Bures (etwa 200 Franken für zwei Personen) erst
noch die besseren. Vor allem aber ist Lance ein Feinschmecker,
der mit seiner durchdachten Küche keine andere auf den Yasawas
zu fürchten braucht. Selbst seine Weinauswahl ist reichhaltig
und preislich vernünftig.
Seit der schnelle australische Katamaran
«Awesome Yasawa Flyer» die Inselkette täglich ansteuert, sind
die etwa drei Dutzend Resorts auf den Yasawas unkompliziert
und günstig zu erreichen. Weil nirgends in Fidschi Boden
verkauft werden darf, sondern nur mit dem Einverständnis der
eingeborenen Eigentümer geleast werden kann, sind die
Hotelanlagen durchwegs klein und unscheinbar. Das Konzept, die
Einheimischen am Tourismus teilhaben zu lassen, macht die
Yasawas zu einer ersten Adresse für angepasste Südseeferien.
Auf die Privatinsel
schweben
Den Ruf des exklusivsten Resorts in Fidschi
hat Turtle Island wegen seines zunehmend exzentrischen
Besitzers verspielt. Die Privatinsel Royal Davui gilt unter
Kennern gegenwärtig als Träger dieses inoffiziellen Titels.
Sie liegt im Süden vor der Hauptinsel Viti Levu. Dank guten
Beziehungen zum lokalen Clan bekam der alteingesessene und
angesehene Fischereiunternehmer Grahame Southwick aus Suva das
Baurecht für die nach ökologischen Grundsätzen angelegte
Luxusanlage auf der bis dahin unbewohnten Insel.
Von Azurblau
umschlossenes Eiland
Wer als Paar über 1000 US-Dollar am Tag
inklusive Vollpension ausgibt, wählt wohl vorzugsweise den
Helikopter zum Hinflug. Vom internationalen Flughafen Nadi aus
überfliegt man zunächst die gebirgige Hauptinsel, die leider
schon stark abgeholzt ist, und erblickt nach 30 Minuten das
von einem Korallenring und azurblauem Wasser umschlossene
Eiland. Wahrlich der Inbegriff des Anblicks einer Südseeinsel.
Doch Robinson wird man nicht sein, wohl aber erlaucht im
kleinen Kreise residieren, denn es gibt nur 16 sehr geräumige
Bures. Sie hängen über Klippen und sind mit allen erdenklichen
Annehmlichkeiten ausgestattet, einschliesslich je eines
Whirlpools innen und aussen. Der Blick aus den Gemächern
schweift nahtlos auf den Pazifik hinaus.
Orchideen und ein
Papagei
Der Küchenchef bereitet täglich mehrere
Menus zur Auswahl vor. Serviert wird unter mächtigen alten
Bäumen, die über mehrstufigen Holzdecks thronen. Chili, ein
einheimischer Papagei, sucht sich jeweils wechselnde Gäste aus,
auf deren Schultern es ihm beliebt, sich zu setzen und sich
selbstverständlich Häppchen von ihren Tellern zu greifen, an
Ohrringen von Damen zu knabbern oder mit einem Paket
Zigaretten zurück auf die nächste Baumkrone zu entschweben.
Die Angestellten ärgern sich manchmal über den ungezogenen
Vogel, doch die Gäste haben ihren Spass an den dreisten
Streichen Chilis.
Die pflanzliche Vielfalt auf Davui ist
erstaunlich, denn die Anlage ist erst ein Jahr alt. Doch die
sympathischen Southwicks entstammen einer vor Generationen
eingewanderten Familie von Botanikern, mit einem Flair für
Orchideen. Das Meer spielt die Hauptrolle bei einem
Ferienaufenthalt auf Davui. Schnorcheln, Tauchen, Surfen und
Paddeln gehören zum täglichen Genuss. Bei Ebbe darf jeweils
ein Gästepaar per Boot zu einer Sandbank in der Lagune fahren,
wo Liegestühle, Sonnenschirm und Köstlichkeiten bereitgestellt
werden. Für Flitterwöchner dürfte dies zum Höhepunkt geraten.
Bis das ansteigende Wasser der Flut dem Picknick ein Ende
bereitet, wartet das Boot in anständiger Distanz auf das
Zeichen der Gäste zur Rückfahrt nach Davui.
Exklusiv auf anderem
Niveau
Mit Angestellten Davuis in ihr Heimatdorf
auf der benachbarten Insel Beqa zu fahren, gehört zu den
Erlebnissen, die man nicht missen möchte. Der Häuptling heisst
die Gäste mit einem Kava- Ritual willkommen. Das bittere,
leicht narkotisierende Pfefferstrauch-Getränk gehört zu jedem
geselligen Zusammensein mit Einheimischen. Zu diesen gehört
auch Christine Tawake-Bachofner. Die Schweizerin führt mit
ihrem einheimischen Gatten das Lawaki Beach House, eine kleine
Pension mit nur zwei Bures und zusätzlichem Schlafraum für
sechs Personen. Laut Gästen ist Schnorcheln hier vom Feinsten.
Christine und Sam machen durch ihre persönliche Betreuung den
Aufenthalt, für den sie fast unanständig wenig verlangen, zu
einem ebenso exquisiten Erlebnis wie auf Royal Davui.
Oswald Iten
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